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Der Spion, der mich liebte

Aus eigener Erfahrung, dazu später mehr, bin ich sofort zur Stelle, wenn jemand belästigt wird. So auch in dieser Situation:

 

Mit einer Zeitung und einem Grauburgunder vor der Nase sitze ich in einem Biergarten. Ich will gerade anfangen zu schmökern, aber ich werde abgelenkt, da just in diesem Moment eine Frau – bildhübsch und blutjung (Gruppe A, Rhesusfaktor positiv) – am Nebentisch Platz nimmt. Ihr absoluter Wuschelkopf ist ein Hingucker und sieht sehr süß aus. Scheinbar finde nicht nur ich das, sondern auch ein ca. 52 Jahre alter Mann, der sich – während sie bestellt – sofort schwankend erhebt und sich balzend an sie heranpirscht. Ich sehe förmlich die zitternd aufgeplusterten Pfauenfedern vor mir. Allerdings hat er wohl keinen charmanten Flirt im Kopf, denn er fackelt nicht lange (vielleicht, weil er nicht das nötige Zubehör dabeihat):

 

„Ej, Schnecke“, er deutet auf ihren Schopf, „du siehst aus, als wärste jerade ordentlich durchjenudelt worn.“ Während ich kurz überlege, ob das auch unordentlich funktionieren könnte, was irgendwie auch besser zu diesem doch eher dreckig klingenden Wort passen würde, sehe ich, dass sich die Angesprochene am liebsten in Luft auflösen möchte. Dabei kann ich ihr leider nicht helfen, mein Nachname fängt zwar mit P an, endet aber nicht auf Otter. Deshalb springe ich ihr auf andere Art sportlich zur Seite und spreche den Kerl – der so breitbeinig vor ihr steht, als hätte er eine 330-Kilometer-Tour auf einem ungefederten Mountainbike hinter sich –, an:

 

„Entschuldigung? Ich hätte da mal eine Frage. Von welcher Art Nudeln sprechen wir hier eigentlich?“

 

Unwillig wendet er sich mir zu und antwortet mit einem intellektuell angehauchten: „Häh?“

 

Ich verfalle in meinen italienischen Dialekt aus meinem früheren Leben als Sergio Scherzo inklusive temperamentvollem Wedeln mit den Händen: „Gibt es Cannelloooni, Farrrfaaalle, Fettucciiine, Gnooocchi, Spagheeetti …?“

 

Bei Letzteren kichere ich anzüglich und blicke demonstrativ auf seinen Schritt.

 

„Wat willste? Ick vasteh nur Bahnhof.“

 

Sofort schlüpfe ich in die Rolle des hilfsbereiten, liebenswürdigen Reiseleiters: „Oh, da kann ich Ihnen helfen. Dazu müsste ich nur wissen, welcher Bahnhof. Der U-Bahnhof Siemensdamm um die Ecke? Oder ist es ein Größerer? Der Hauptbahnhof? Handelt es sich vielleicht gar nicht um einen Berliner, sondern um einen Hamburger Bahnhof? Oder möglicherweise meinen Sie einen Italienischen? Wegen der Nudeln, also Paaasta?«

 

Nun habe ich seine volle Aufmerksamkeit. Er steht mit offenem Mund vor mir, kratzt sich am Ohr (Gott sei Dank nur da), will etwas sagen, aber da falle ich ihm schon ins Wort:

 

„Wir müssten auch noch klären, ob es sich um ungekochte oder gekochte Nudeln handelt.“

 

Die Frau winkt die Kellnerin heran.

 

„Wenn gekocht: labbrig, verklebt oder al deeente?“

 

Sie zahlt.

„Wichtig wäre auch noch die Soße: Naaapoli? Bolognaaaiiise?Carrrbonaaarrra?“

 

Sie schleicht sich leise davon und wirft mir einen dankbaren Blick zu, den ich geschickt auffange – ich habe früher mal Handball gespielt.

 

„Oder darfs etwas schärfer sein mit Arrrrabbiaaata?“

 

„Arabiwat? Ach, du tickst doch nich janz richtich!“

 

„Im Sinne einer Uhr? Wenn ja, die am Arm oder die an der Wand? Es könnte auch ein Wecker sein. Aber nicht der im Handy, der tickt schließlich nicht, da müssen wir schon genau sein. Ah! Eine Zeitbombe ginge natürlich auch. Aber das ist saugefährlich, schließlich kann die ja expl …“

 

Meine letzten Ausführungen bekommt der erfolglose Vertreter des männlichen Geschlechts nicht mehr mit, er hat auf dem Absatz seiner Badelatschen kehrt gemacht und tippt sich hektisch an die rechte Schläfe. Ich versuche noch, ihn mit einem „Computer? Laptop? Schreibmaschine? Wireless Tastatur oder mit Kabel?“ in das hochinteressante Gespräch zurückzuholen, aber: nessuuuna possibiiilità.

 

Da kommt die Kellnerin zu mir und stellt mir lächelnd ein Glas Weißwein hin: „Kleines Dankeschön von der Dame fürs Aus-der-Patsche-helfen.“

 

Ich nehme einen winzigen Schluck, spüle ihn hin und her. Und wieder hin. Aber ich komme einfach nicht drauf. Ist es ein Chianti, Pinot Grigio, Soave? Oder kommt er gar aus Frankreich? Ist er vollmundig und weich oder rauchig? Und das Wichtigste: Stammt er von freiwachsenden, glücklichen Weintrauben oder ist es eine frustrierende Massentraubenbodenhaltung? Und was …?

 

… wenn es ein Nachbar oder eine Nachbarin ist, der/die einem nachstellt?

 

So geschah es mir nämlich. Der neuzugezogene Herr – nennen wir ihn der Einfachheit halber mal „Schraube-Locker“ – kam eines Tages an den Gartenzaun und rief mir, ich saß tiefenentspannt auf unserer Terrasse, ein „Hey hallo, ey!“ herüber. Obwohl ich gerne gute Nachbarschaftskontakte pflege, aber weil mir nicht so recht behaglich zumute war – der Ton klang doch leicht aggressiv angehaucht – winkte ich ihm nur ein freundliches „Hallo“ zurück. „Ich will mit dir reden!“, setzte er nachdrücklich und deutlich lauter nach. Damit meine ich: DEUTLICH LAUTER. Also verpflümte ich mich ins Haus.

 

Als ich später am Abend unseren Garten sprengen wollte, saß er auf dem Satteldach, rauchte und beobachtete mich mit Argusaugen.

 

Dieses seltsame Gebaren sollte sich nicht nur wiederholen, sondern auch steigern:

 

Sehr oft verfolgte er jeder unserer Bewegungen mit seinen Blicken, sobald wir draußen waren. Und nicht nur das, er begann zu allem Überfluss, auch vieles zu kommentieren. Wenn unsere Kinder sich zum Beispiel in den Haaren hatten: „Ach, ja, die lieben Kleinen. Da klappt wohl was nicht mit der Erziehung, was? Da kann ich euch gerne behilflich sein.“ Dabei machte er eine Bewegung, als lege er jemanden übers Knie.

 

Irgendwann ging er dann sogar dazu über, uns nachzuäffen („Oha, Madamchen braucht Hilfe beim Einkaufstüten-Tragen, und der ganze Kerl dank Chappy spurt – wie süß!“); Geräusche wie ein tiefes Brummen oder ein Knurren von sich zu geben und Lachkrämpfe zu bekommen, wenn etwa der Rasenmäher sich nicht sofort anschmeißen ließ.

 

Hätte ich es mit Humor nehmen können, wäre meine Interpretation diese gewesen: Der arme Kerl hat ein mieses Karma; geschuldet seinen vorherigen Leben als in die Ecke verbannter Brummkreisel, belächelter Wachhund, verkannter Imitator, nicht ernst genommener Kommentator, unterdrückter Ehemann und das Ganze bei erfolglosem Kinderwunsch. Tragisch.

 

Letztendlich drang der „arme Kerl“ aber in die Privatsphäre meiner Familie ein und als „ganzer Kerl dank Chappy“ sowie als lösungsorientierter Mann, versuchte ich zunächst, seine Übergriffigkeit zu stoppen, indem ich auf rechtsanwaltliche Beratung hin das direkte Gespräch mit ihm suchte. Dabei ging ich – wie empfohlen – offen mit der Thematik um und forderte ihn auf, sein grenzüberschreitendes Verhalten unverzüglich zu unterlassen. Dabei blieb ich – was von professionaler Seite ebenfalls angeraten wird – ruhig, konkret und bestimmt.

 

Ich hätte auch einem ausgehungerten Krokodil sagen können: „Nein, du frisst mich nicht.“

 

Um für ein eventuelles Gerichtsverfahren Beweise erbringen zu können, dass ich mit Herrn Schraube-Locker in Kontakt stand, habe ich schließlich ein entsprechendes Schriftstück verfasst und es ihm persönlich übergeben.

 

Was ich dann praktisch laut juristischer Tipps getan habe, war das Erschweren seines Blickfeldes, indem ich:

  • Eingänge und Fenster mit großen Pflanzen dekoriert und
  • Rollos, Plissees Vorhänge angebracht habe. Dabei habe ich einen nicht transparenten Sichtschutz gewählt: Spiegelfolie, die es in jedem Baumarkt gibt: Diese ist von innen durchsichtig, Herr Schraube-Locker erkennt von draußen allerdings nichts mehr.

 

(Wäre ich Mieter, hätte ich zudem meinen Vermieter eingeschaltet, ihn über Herrn Schraube-Lockers massive Belästigung informiert und Abhilfe gefordert.)

 

Die obigen Maßnahmen brachten leider ebenfalls keine Besserung, da ich den Garten zwar durch eine Mauer geschützt habe, was Herr Schraube-Locker aber einfach umging, indem er eine Leiter dran stellte oder sich halt aufs Dach setzte.

 

Also blieb mir nur noch der Rechtsweg

 

Dabei hatte ich die Wahl zwischen Straf- oder Zivilrecht.

 

  • Folgendes gilt nicht für mich, ist aber dennoch interessant: In Mietshäusern mit eng aneinander liegenden Balkonen lehnen sich neugierige Nachbarn gerne mal über die Brüstung, um in die Nebenwohnung zu spähen. In diesem Fall kann gerichtlich leider wenig ausgerichtet werden. Aber: Ein Sonnenschirm bietet Sichtschutz. Und: Nur wenn der Nachbar versucht, hinüberzuklettern, geht er zu weit.
  • Sollte der Nachbar wiederholt in Beobachtungsposition stehen, liegt eine Strafbarkeit wegen Nachstellung vor, die ich – auch ohne Anwalt, jedoch mit möglichst genauer Dokumentation zum Beweis – bei der Polizei anzeigen kann.
  • Weiterhin kann ich mich – ebenfalls ohne juristischen Beistand, allerdings mit geringen Kosten verbunden, über ein Verfahren durch ein Schiedsamt gegen Herrn Schraube-Locker wehren. Der wiederum ist nicht zur Teilnahme am Schiedsverfahren verpflichtet. Sollte er sein Recht wahrnehmen – was wahrscheinlich ist – wird mir schlussendlich nur Erfolglosigkeit bescheinigt.
  • Kommt es hart auf hart, habe ich die Möglichkeit, eine Schutzanordnung nach dem Gewaltschutzgesetz zu beantragen. Bei Feststellung von unzumutbarer Belästigung und wiederholtem Nachstellen kann das zuständige Amtsgericht eine solche beschließen. Davon würde Herr Schraube-Locker in Kenntnis gesetzt werden. Sollte er dagegen verstoßen, beginge er eine Straftat.
  • Darüber hinaus könnte ein Anwalt zivilrechtlich einen Unterlassungsanspruch wegen Eingriffes in das allgemeine Persönlichkeitsrecht für mich durchsetzen.
  • Sollte Herr Schraube-Locker auf die wahnwitzige Idee kommen (Wahn? Ja. Witzig? Nein. Wer hat sich dieses Wort bloß ausgedacht?), von seinem Grundstück aus – selbstverständlich unerlaubte – Fotos oder Videos von uns zu machen und nicht nur das: diese zu veröffentlichen, würde er in unseren höchstpersönlichen Lebensbereich und unsere Persönlichkeitsrechte eingreifen. Dann könnten ihm nicht nur die Bildträger sowie die Aufnahmegeräte entzogen werden, sondern auch eine Geld- oder sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren drohen.

 

Ich habe mich für die Anzeige sowie den Unterlassungsanspruch entschieden. Und das hat einwandfrei funktioniert.

 

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P.S.: Sie sind nur einen Anruf von Ihrem Ziel entfernt.

 

geschrieben von Susi Purol